Sonntag, 29. August 2010

Die letzten Stunden im Projekt

Es ist gerade 3 Uhr in der Nacht und eigentlich sollte ich schlafen, weil eine lange anstregende Reise auf mich zukommt. Aber es ist meine letzte Nacht in meiner gewohnte Umgebung und die will ich nicht versaeumen, ausserdem gibt es noch immer so viele Dinge die ich noch gerne erledigen will um hier gut abschliessen zu koennen.
Aber bevor ich ueber den Abschied schreibe, will ich euch noch kurz schildern, was in den letzten Wochen so los war:

Im letzten Blog hab ich euch von meiner lieben 1. Klasse berichtet, die ich abgelegt habe. Bereits am ersten Tag, als ich nicht mehr in die Klasse ging, waren die Gesichter der Kinder sehr traurig und ein Lehrer erklaerte ihnen, was der Grund ist, dass ich nicht mehr bei ihnen unterrichte. Nach der Stunde kamen sie dann alle zu mir und entschuldigten sich viele Male. Ich merkte in ihren Gesichtern, dass sie eine sehr wichtige Lektion bereits gelernt haben, aber ich wartete noch ein paar Tage ab. Dann uebernahm ich sie wieder. Ich fuehrte eine Smile- Liste ein. So bekam jedes Kind nach der Stunde in einer Liste einen lachenden oder einen traurigen Smile, natuerlich hebte es die Motivation sehr. Ausserdem haben sich auch viel verstanden und das Unterrichten war dann viel angenehmer.

In den anderen Klassen war das groesste Problem, dass viele Kinder in die Doerfer zu ihren Verwandten fahren. Sie fehlen dann oft 2-3 Wochen und versaeumen natuerlich wichtigen Unterrichtsstoff. Sonst bin ich sehr zufrieden mit meinen Klasse, da wir immer wieder verschiedenste Erfolgserlebnisse hatten. In den letzten Wochen war es teilweise wieder sehr heiss. Das macht es echt schwierig, dass sich die Kinder konzentrieren koennen. An solchen Tagen versuche ich dann durch verschiedene Spiele ihnen den Stoff zu vermittlen, sodass es ihnen leichter faellt.

Letzten Mittwoch hatten wir dann noch die abschliessenden Exams mit unseren Klassen gemacht. Die Ergebnisse waren fast alle ziemlich gut. Doch es ist immer wieder spannend zu sehen wieviel die Kinder dann wirklich wissen.

Naja und bald nach den Exams war dann auch schon der Freitag, unser letzter Schultag. Am Vormittag unterrichtet ich noch ganz normal,natuerlich ein bisschen freier als sonst. Am Nachmittag gab es dann in der Schule ein send- off Programm. Die Kinder tanzten und sangen fuer uns, wir sagten ihnen noch ein paar letzte Worte (auf Telugu  ) und sie schenkten uns Zeichnungen. Ausserdem sagten ein paar Kinder etwas ueber uns. Ueber mich sagte ein 1. Klaessler etwas. Seine letzten Worten waren „Ich bin sehr traurig, weil die Sister geht“, und dann brach er in Traenen aus. Doch am meisten weinte der Bursche aus der 1. Klasse, mit dem ich mich am meisten aergern musste doch zu dem ich vielleicht gerade dadurch eine so enge Beziehung aufgebaut habe.
Doch beim Abschiedsprogramm waren nicht nur unsere Schueler, sondern auch unsere alten Schueler. Schoen zu sehen, dass sie alle kommen um sich von uns zu verabschieden. Ein Bursche erzaehlte uns, dass er bei den letzten Pruefungen der Beste seiner Klasse war, und ein anderer ehemaliger Schueler war Zweiter. Ich bin richtig stolz, dass unsere Schueler so gut sind.

Weiters hatten wir schon am Donnerstag ein Abschiedsprogramm mit vielen Taenzen in Sabbavaram. Es war wunderschoen nochmal alle Burschen zu sehen und es war sehr schwer sich von ihen zu verabschieden, weil doch eine enge Beziehung zu vielen von ihnen entstand.

Am Samstag verabschiedeten wir uns im Meeting von den Mitarbeitern, was auch sehr ruehrend war, weil jeder etwas ueber uns sagte und vielen Mitarbeitern ins Gesicht geschrieben war, dass sie uns nicht nur als Kollegen sondern viel mehr als Freunde vermissen werden. Mir wir des genauso gehen, dass ich einige Freundschaften sehr vermissen werde.

Heute, Sonntag, war dann der schwerste Abschied, naemlich im Shelter. Da wir im selben Haus wohnen und jeden Nachmittag, und alle freien Tage und Wochenenden, Feste und Feiern gemeinsam verbracht haben, sind wir mit den Burschen ein bruederliches Verhaeltnis aufgebaut und es ist sehr schwer sie zurueck zu lassen. Es ist ungewiss ob und wann ich sie je wiedersehen werde. Doch es ist wunderschoen zu sehen, wie viel wir in diesem Jahr bewirken konnten.
Jetzt ist es einfach an der Zeit nurmehr die Fruechte unserer Arbeit zu ernten, den fuer andere ist es leider schon zu spaet.
Ein Junge sagte heute zu mir: „Sister you no Austria going, you in my heart fix.“ Ja da kommen die Traenen, aber auch ganz viel Dankbarkeit fuer die gemeinsame Zeit.
Am Abend gingen wir mit den Burschen noch gemeinsam Cricket spielen. Morgen werden wir auch noch den Nachmittag mit ihnen verbringen und am Abend gehts dann mit dem Zug nach Hyderabad und dann bald auch schon in Richtung Oesterreich.

Ich kann schwer sagen welches Gefuehl gerade ueberwiegt. Einerseits bin ich sehr traurig ueber den Abschied und ich werde viele Menschen sehr vermissen, andererseits bin ich sehr sehr dankbar fuer all die Erfahrungen, Momente, Begegnungen und ganz besonders fuer die Menschen hier, die meine Freunde und Brueder wurden.


Ich danke allen, die meinen Blog immer wieder gelesen haben, fuer euer Interesse.
Ganz besonders bedanke ich mich auch bei meiner Familie und meinen Freunden, die mich bei meinem Vorhaben unterstuetzt haben und mir immer zur Seite gestanden sind. DANKE!!!

So in wenigen Tagen bin ich wieder bei euch. Bin schon sehr gespannt was alles auf mich zukommt.


Zum letzten Mal ganz liebe Gruesse aus dem wunderschoenen, kunterbunten Indien!!

Eure Martina

Freitag, 6. August 2010

Der letzte Monat brach an

Seit dem letzten Blogeintrag war schon wieder jede Menge los. Wir hatte im Juli ganz besonderen Besuch. Es kamen naemlich die 3 Volontaerinnen, die im letzten Jahr bei uns im Projekt waren. Es war irgendwie schoen zu sehen, wieviel Bezug auch noch nach einem Jahr besteht. Ausserdem war es fuer uns sehr interessant mit ihnen zu sprechen und Erfahrungen auszutauschen, aber auch ueber Veraenderungen zu sprechen. Damit das ganze noch spannender wurde, kamen dann auch noch 2 Volontaerinnen aus Vijayawada. Es war echt schoen so gemeinsam zu sein und wir fuehrten viele spannnende Gespraeche.
Auch fuer die Kinder war es spannend ploetzlich 7 Sisters ums sich zu haben. Einmal fuhren 6 von uns gemeinsam nach Sabbavaram und dort machten wir gemeinsam ein Gelaendespiel mit den Burschen. Wir brachen bereits um 6 Uhr in der Frueh auf um moeglichst bald im Projekt zu sein und viel Zeit mit ihnen verbringen zu koennen. Leider hatten wir mit dem Wetter echt ein Pech und es regnete in stroemen. Besonders waehrend dem Spiel regnete es am meisten. Aber wir machten uns nichts daraus, also rannten ich und die Kinder durch Gatsch und Schlamm im Regen von einem Haus zum anderen und wieder zurueck und wieder hin. Es war echt egal und wirklich sehr sehr lustig. Am Nachmittag wurde es dann sogar etwas sonnig und am Abend spielten wir dann noch fleissig Fussball. Es war wiedereinmal ein wunderschoener Tag in Sabbavaram und die Burschen hatten einen grossen Spass und wir sowieso.

Im Shelter leiden zur Zeit die Outdoorgames unter verschiedensten Bedingungen. Einerseits ist das Wetter ein Problem, weil es immer wieder stark regnet und wir dann einige Tage wieder nicht auf den Platz duerfen, oder auf unserem Platz Wasser steht und wir so etwas im Gatsch spielen. Ein weiteres Problem ist auch, dass der Platz auf dem wir spielen nicht uns gehoert und wir somit auch viel nicht selber steuern koennen. Da passiert es dann zum Beispiel, dass fuer einige Wochen auf dem halben Platz Erdhaufen liegen, sodass wir nicht ordentlich spielen koennen. Der Sport waere so wichtig fuer die Burschen, weil sie den ganzen Tag nur sitzen und sich im Haus befinden, aber leider ist es hier irgendwie unmoeglich einen Platz zu kaufen.
Durch den neuen Father ist im Shelter irgendwie eine ganz andere Athmosphaere, die uns sehr zugute kommt. Wir haben somit mehr Zeit und auch Freiheit mit den Burschen zu reden, oder einfach herumzualbern. Ich geniesse es so sehr mit ihnen zu sein. Es entstehen so viele nette Gespraeche oder auch nur Blickkontakte. Sie sind fuer mich einfach meine kleinen Brueder und ich hab sie echt sehr ins Herz geschlossen. Der Gedanke, dass ich in wenigen Wochen nicht mehr einfach schnell rueber gehen kann zu ihnen, macht mich sehr traurig.

In der Schule hatte ich in dieser Woche eine etwas schwierige Situation. Die 1. Klasse war schon immer sehr schwierig zu unterrichten fuer mich, weil es sprachlich einfach echt schwierig ist und die Kinder noch sehr jung sind und darum noch viel mehr Sprache notwendig waere. Aus diesen und anderen Gruenden habe ich diese Woche beschlossen die 1. Klasse abzulegen und nicht mehr zu unterrichten, da es echt nicht mehr gut war so wie es lief. Die Kinder reagierten darauf echt mit sehr vielen Schuldgefuehlen und entschuldigten sich tausende Male. Sie fragen mich auch jetzt jeden Tag, wann ich wieder zu ihnen unterrichten komme. Sie muessen leider gerade einfach die Lektion lernen, dass es Konsequenzen hat, wenn sie nicht zuhoeren koennen. Ein weiteres Problem bei der Sache ist das Verhaeltnis, das ich zu den Kindern habe. Ich bin einfach kein indischer Lehrer, der mit viel viel Autoritaet unterrichtet. Das kennen die Kinder hier leider eher nicht, also schaffen sie es nicht, dass sie mir gegenueber genausoviel Respekt bringen, wie den anderen Lehrern, weil sie ja keine Angst vor mir haben. Hier prallen zwei paedagogische Welten aufeinander. In den hoeheren Klassen ist dies kein Problme, da sie schon reifer sind, aber die liebe 1. Klasse einfach noch zu jung um soweit zu denken. Jetzt muessen sie darauf verzichten, dass sie von mir unterrichtet werden, aber lernen, dass ihr Handeln konsequenzen hat.
Sonst laeuft es in der Schule recht gut. Ich freu mich immer wieder ueber neue Schueler, die mein ganzes Konzept durcheinander schmeissen. Nein, nicht weil sie so schlimm sind, sondern weil sie einfach auf einem ganz anderem Niveau sind als die anderen Schueler. Ein gutes Beispiel liefert meine 4. Klasse, die ich in Mathematik unterrichte. Ich habe Schueler, die multiplizieren zweistellig ohne Probleme, ein paar lernen zweistellig zu mulitplizieren, andere lernen gerade das Einmaleins, naja und dann kommt eine liebe neue Schuelerin und ich entdeckte, dass sie vom Einmaleins keine Ahnung hat, irgendwie sagt ihr auch Minus nichts und mit einem Plus weiss sie auch nicht was sie anfangen soll. Schlussendlich entdecke ich dann noch, dass sie 5 spiegelverkehrt schreibt. Puh ja und dass ist ein 10 jaehriges Maedchen. Irgendwie echt traurig, aber genau solche Kinder will ja unsere Schule fangen. Wir haben sie jetzt in die 2. Klasse gesteckt und wer weiss, vielleicht lernt sie schnell und hat verstecktes Wissen, denn oft ist es nur eine Sache des Auffrischens und Wiederholens. Auch in English ist es spannend, weil manche Kinder in der 2. Klasse Englisch lesen koennen, und andere schreiben so, sodass man die Woerter nicht entziffern kann, weil sie die Buchstaben nicht richtig schreiben koennen. Aber echt eine geniale und gute Herausforderung fuer mich. Ausserdem bringt es soviele Erfolgserlebnisse mit sich.

Ein weiteres schoenes Feedback sind unsere alten Schueler, die jetzt schon in die oeffentliche Schule gehen. Wenn sie naemlich einmal einen freien Tag habe, dann kommen immer einige zu uns in die Schule und setzen sich sogar teilweise in den Klassen dazu und lernen mit. Manche sagen sogar, dass sie wieder in unsere Schule wollen, weil die ist besser als die neue. Ja echt schoen, dass sie sich bei uns so wohl gefuehlt haben, aber noch schoener, dass sie jetzt in eine oeffentliche Schule gehen.

Gestern wurde ich von der Schulleiterin in ihr Buero gerufen. Als ich dort ankam, wartete eine ehemalige Schueler (Monika) und ihre Schwester auf mich. Die Eltern der beiden Maedls sind beide an Aids (soweit ich mich richtig erinnere) gestorben. Die zwei Leben jetzt bei Tante und Onkel, die selber 3 Kinder haben. Die Familie hatte eigentlich ein Haus, aber aus finanziellen Problemen mussten sie es vermieten. Sie haben sich nicht einmal einen Raum behalten, sondern haben sich am Dach einen kleinen Verbau gebaut, indem jetzt die 5 Kinder und 3 Erwachsene Leben. Da sie finanzielle solche Probleme haben, habe ich ihnen ein bisschen Geld (das ich von Verwandten und Bekannten bekommen habe- Danke) gegeben, mit dem die Schulleiterin Schuluniform, Schultasche und Buecher gekauft hat. Gestern waren dann die beiden Maedls mit einem Brief, einer Zeichnung und einen Obst fuer mich da. Es war so schoen die beiden zu sehen, wie sie dankbar sind, dass sie in die Schule gehen koennen. Andererseits hat es mir aber auch weh getan, da das Gesicht von Monika irgendwie sehr abgemagert wirkt. Es ist erstaunlich wie finanzielle Probleme einer Familie ein Kind runterziehen koennen.
Meine Bewunderung fuer dieses Kind ist enorm. Monikar war immer die, die jeden Tag die Hausuebung brachte, und dass wunderschoen, sie kam taeglich in die Schule, war in meiner Englisch Klasse eine echt gute Schuelerin. Und jetzt wo ich ihren Background weiss, wundere ich mich echt, wie sie das schafft, doch es macht mich zuversichtlich, dass sie einmal eine besser Zukunft haben kann.

Ich habe den Blog noch nie verwendet um Spenden aufzutreiben, aber einmal moechte ich es erwaehnen.
Ich habe in diesen Jahr sehr viele Menschen mit guten Plaenen und viel Motivation kennengelernt und auch viele Ideen gehoert und auch selber viele Traeume und Vorstellungen gebildet. Doch es ist leider Tatsache, dass wirklich viel aus finanziellen Gruenden scheitert. Geld fehlt an jeder Ecke. Zum Beispiel in Sabbavaram (unserem Palmenprojekt) werden gerade zwei Gebaeude gebaut. Eines davon kann spaeter einmal das Zuhause fuer 150 oder sogar 200 Burschen werden. Die Bauarbeiten gehen sehr langsam vorran. Unteranderem sind die fianziellen Probleme ein grosser Mitgrund dafuer.
Wenn jemand etwas geben will, oder ein Projekt hat, bei dem Spenden zusammenkommen, oder andere kreative Ideen hat, wie mein Projekt an Spenden komen kann, wuerde ich mich sehr freuen. Mein Grundsatz ist immer irgendwie „Geld macht nicht gluecklich“. Leider ist es aber so, dass in vielen Situationen Geld notwendig ist um eine gute Basis zu schaffen.

Jeder kleiner Beitrag ist extrem wichtig, denn nur so kann grosses entstehen!!



Meine Zeit hier geht schoen langsam dem Ende zu. Es sind mittlerweile weniger als 4 Wochen. Innerlich gehts in mir rund, wenn ich daran denke.
Irgendwie ist ein Jahr garnicht so lange. Ich kann jetzt etwas Telugu, ich bin in Indien eingewoehnt, ich kenne das Projekt, die Menschen um mich, die Menschen kennen mich .... und ich kenn auch mich selbst besser. Also es waere gerade echt vieles ideal um noch viel zu bewirken und ich wuerde auch noch gerne. Aber es war ein Jahr geplant und wahrscheinlich ist es auch gut so. Ich bereite mich schoen langsam vor auf das Verabschieden und abschliessen. Das Land, die Menschen um mich, der Lebensalltag, aber ganz besonders die Kinder, sind mir so sehr ans Herz gewachsen. Es wird schwierig das alles hier hinter mir zu lassen. Deshalb hab ich auch irgendwie in meinem Kopf nicht sehr viel Platz mich auf Oesterreich wieder vorzubereiten. Aber natuerlich gibt es auch schon wieder einige Sachen auf die ich mich in Oesterreich wieder freue.

Aber derzeit konzentriere ich mich noch voll auf meine Arbeit. Nebenbei habe ich gestern schon begonnen meinen Koffer zu packen, damit ich am Schluss keinen Stress bekommen.

Also zusammenfassend... mir geht es sehr gut und ich geniesse noch meine letzte Zeit hier in Indien.


Hoffentlich geniesst ihr alle den Sommer. Freu mich schon auf ein Wiedersehen!!!!


Ganz liebe Gruesse aus dem wunderschoenen Indien


Martina



Fuer die Spenden

Empfänger: Jugend eine Welt - Don Bosco Aktion Österreich
Kontonummer: 92.083.767
Bankleitzahl: 60000
Verwendungszweck: Indien, Visakhapatnam, Baumgartner