Mittwoch, 7. Juli 2010

Alltag und Ausfluege

Schon seit ein paar Tagen nehme ich mir vor wieder einen Blogeintrag zu schreiben, naja und dann ist heute genau das richtige Wetter dazu… es regnet in stroemen…… Es hat mittlerweile schon irgendwie die Regenzeit angefangen, oder zumindestens ein Vorbote davon. Also hat es schon die ganze Woche geregnet, doch heute schuettet es echt richtig, schon die ganze Zeit, also sind die Strasse voller Wasser und es ist schwierig in die Schule zu kommen, ausserdem wuerden bei dem Wetter sowieso kaum Kinder kommen, also ist heute bei uns in der Schule kein Unterricht.
Auch am Montag war schon wenig los in der Schule, denn an diesem Tag streikte ganz Indien wegen der hohen Oelpreise. Die oeffentlichen Schulen, wie auch Geschaefter und vieles mehr blieb geschlossen. Ausserdem fuhren keine Busse und nur sehr wenige Outos. In der Frueh schafften wir es ein Outo zu bekommen.... wir wurden zwar waehrend der Fahrt ca. 4 mal von Menschen mit Stoecken aufgehalten, aber wir hatten irgendeinen wichtigen Menschen in Uniform in unserem Outo sitzen, also liessen sie uns immer vorbei. Zu Mittag war dann wirklich alles lahmgelegt. Zum Glueck war gerade ein Mitarbeiter bei der Schule, der mich und Bettina dann mit dem Moped im stroemenden Regen nach Hause brachte. Ich hab sowas noch nie gesehen, die ganze Strasse war leer. Keine Outos, keine Menschen, keine Busse.

Letzte Woche waren Bettina, Eli und ich drei Tage in Vijayawada die anderen Volos besuchen und uns das Projekt dort ansehen. Es ist ein echt grosses und gut organisiertes Projekt, wirklich schoen. Man merkt einfach den Unterschied zu unserem, da es schon seit 25 Jahren besteht, unser Projekt ist noch nicht einmal 5 Jahre alt. Nach den schoenen drei Tagen in Vijayawada fuhren wir mit dem Zug nach Hyderabad . Dort besuchten wir andere Volos, sahen uns ein paar Sehenswuerdigkeiten an, besuchten unseren ehemaligen Father und dann brachten wir die Eli leider zum Flughafen, da ihr dreiwoechiger Besuch vorbei war und sie wieder zurueck in die Schweiz flog. Am Samstag fuhren dann Bettina und ich wieder 14 Stunden mit dem Zug zurueck. Wir nahmen uns diesmal einen Schlafplatz, da ist es echt wesentlich gemuetlicher und die Zeit vergeht echt schnell. Es war ein schoener Ausflug, aber es ist immer wieder schoen wieder zuhause anzukommen.

Naja wenn ich nicht gerade reise und uns auch der Regen keinen Strich durch die Rechnung macht, dann unterrichte ich in der Schule. Klingt jetzt so als waere es selten, aber keine Sorge ich bin schon oft genug dort.
Die 2. Und 3. Klasse unterrichte ich wieder in Englisch. Obwohl es viele Schueler sind, funktioniert das Unterrichten eigentlich sehr gut, doch wir muessen uns noch etwas Zusammenleben und ich muss die Kinder noch besser kennenlernen. Das ist leider aber oft sehr schwierig, weil nur wenige Kinder wirklich jeden Tag kommen, es gibt viele die halt manchmal wieder kommen und dann wieder laenger nicht.
Die liebe 1. Klasse unterrichte ich auch in Englisch und sie stehlen mir echt viele Nerven. Schon alleine wenn ich in die Klasse komme, bis sie mal leise sind und alle auf ihrem Platz sitzen. Natuerlich kommen auch viele oft nicht, also manchmal hab ich 5 Schueler, dann wiedermal mehr als 15, verrueckt. Das naechste grosse Problem taucht dann auf, wenn ich will, dass sie etwas Abschreiben. Ich laufe dann ca. 10 Minuten herum bis jeder ein Heft oder eine kleine Tafel hat und einen dazupassenden Stift und bis dann wirklich alle irgendwie abschreiben ist meine Geduld und auch die Zeit schon wieder vorbei. Aber ein bisschen kann ich ihnen schon beibringen und wenn es nur ist, dass sie mal endlich ruhig sitzen und einfach was abschreiben. Meistens bereite ich jetzt Arbeitsblaetter vor, denn dabei sind sie alle leise und arbeiten fleissig und machen das Arbeitsblatt sogar, weil es ihnen so Spass macht, 2 oder 3 oder sogar 4 mal. Das Schoene ist, sobald die Stunde vorbei ist, egal was in der Stunde war, die Kinder lachen und laufen herum und umarmen mich, reden mit mir, laecheln mich an und ich kann ihnen einfach nicht mehr boese sein.

Naja und meine liebe 4. Klasse. Sie besteht aus 2-3 Burschen und 5 Maedls. Die Burschen multiplizieren und dividieren wie die Weltmeister und ich bin schon am ueberlegen was ich mit ihnen noch machen kann. Und die Maedls (so um die 12- 14 Jahre) muehen sich gerade mit Subtraktionen ab. Vor etwa 3 Wochen habe ich einigen von ihnen erklaert, wie Minus rechnen ueberhaupt funktioniert. Mittlerweile schaffen wir es schon mit 10er Unterschreitung und mit der Hilfe von Fingern zu rechnen (uebringens irgendwie witzig, wenn beim Rechnen die Finger ausgehen, weil die Zahl groesser ist als 10, dann werden einfach die Zehen zum Weiterrechnen verwendet). Die Maedls haben wahrscheinlich in den letzten Jahren zuhause im Haushalt geholfen und befuerchte auch, dass ihre Zukunft dementsprechend wird, dass heisst, sie werden wahrscheinlich bald verheiratet und sind dann Mutter und Hausfrau. Aber ich bin derzeit echt froh, dass sie alle regelmaessig in die Schule kommen und echt motiviert zum Lernen sind. Ausserdem merkt man ihr Alter schon an ihrer Reife, also schlagen sie sich nicht staendig und nehmen sich keine Stifte gegenseitig weg und sie haben sogar Stift und Heft mit (ok ein Heft, in das alle Faecher kreuz und quer geschrieben werden, aber egal), also tut das Unterrichten bei ihnen immer gut nachdem ich mich zuvor mit der 1. Klasse amuesiert habe.

Was war sonst noch so los... am 25.6. fuhren wir gemeinsam mit unserem Father einen Tag in ein Tribalsgebiet. Bald in der Frueh brachen wir auf uns fuhren mit dem Jeep raus aus der Stadt, dorthin wo die vielen Doerfer sind und dann einen Berg hoch durch scheinbar unberuehrte Natur. Als wir oben ankamen war dort ein richtig grosses Dorf mit vielen Geschaeften, Schulen und natuerlich Menschen. Zuerst sahen wir uns beruehmte Hoehlen an die es dort gibt. Dann wollten wir uns ein Tribalmuseum anschauen, doch es war leider geschlossen. Also fuhren wir den Berg wieder ein Stueck hinunter und fuhren dort ein ein Dorf. Dort haben Schwestern ein Haus in dem sie Kinder von Tribalfamilien unterrichten und ihnen Unterkunft usw. geben. Diese Kinder leben dann dort ein Jahr und anschliessend kommen sie in andere Projekte, die Burschen kommen dann alle zu uns. Also haben wir das Haus gesehen, in dem die meisten unsere Jungs schon ein Jahr verbracht haben. Die Sisters kennen die Familien von unseren Burschen, darum war es sehr interessant mit ihnen zu sprechen und mehr ueber den familaeren Hintergrund zu erfahren. Manche kommen zum Beispiel aus Doerfern zu denen man oft 2, 3 oder sogar 4 Stunden zu Fuss gehen muss. Zu dem Haus von einem muss man sogar etwa 8 Stunden gehen, echt unvorstellbar fuer uns. In vielen dieser Doerfter, also viele Eltern, haben ein Alkoholproblem, da sie sich selbst Alkohol herstellen und davon dann abhaengig werden. Das Leben in dieser unberuehrten Natur scheint zwar sehr schoen und unkompliziert, aber ich glaube es ist sehr hart und sehr schwierig. Einige unserer Burschen verbrachten schon viele Jahre in verschiedenen Heimen, da von zuhause aus Schulbildung oft absolut nicht moeglich ist.

Leider ist vielen von ihnen aber nicht bewusst wie wichtig Bildung fuer sie ist, also sind schon wieder einige davon gelaufen. Ein paar groesser Jungs haben uns aber zuvor darueber informiert und bei manchen weiss ich, dass sie auch von zuhause aus in die Schule gehen koennen. Natuerlich wird die Schule dort nicht so gut sein und es ist auch fraglich, ob sie ueberhaupt gehen werden, aber ich muss einfach vertrauen, dass sie ihren Weg gehen werden. Der verheiratete Junge ist leider auch nachhause gegangen. Ich hab dann erfahren, dass er nicht weit weg von einem grossen Dorf lebt und es so fuer ihn kein Problem ist in die Schule zu gehen und er hat auch versprochen, dass er gehen wird. Naja und wahrscheinlich ist es fuer ihn wirklich das Beste bei seiner Frau zu leben. Trotz aller Hoffnung hab ich wie befuerchtet dann vor kurzem erfahren, dass er nicht in die Schule geht, sondern zuhause arbeitet und wahrscheinlich Tiere huetet oder aehnliches. Ja es macht mich traurig, aber es ist Teil des Lebens hier.

Ein weiteres Problem, das bei den Tribals herrscht, von dem wir aber erst in letzter Zeit einiges gehoert haben, sind die Maoisten (Freiheitskaempfer). Sie leben hier ueberall im Dschungel, also in den Doerfern unserer Triablburschen auch. Es hat sogar einmal geheissen, dass es fuer uns zu gefaehrlich ist die Doerfer zu besuchen. Ich hab zuvor echt nicht gewusst, dass die Maoisten so nahe sind und so aktiv. Zur Zeit ist in der Zeitung jeden Tag auf der ersten Seite ein Artikel ueber eine Aktion der Maoisten oder der Polizei gegen sie. Was mir zeigt wie gefaehrlich sie wirklich sind zeigt mir die Tatsache, dass die Polizei sie einfach kaltbluetig erschiesst, sobald sie einen antreffen. Das klingt jetzt furchterregend und es ist auch so, aber keine Sorge sie werden nie in die Stadt kommen. Ausserdem ist es ein Thema das nur fuer mich gerade auftaucht, weil ich darueber informiert wurde, aber die Maoisten leben schon seit 40 Jahren hier in den Waeldern und sind immer irgendwie aktiv.

Meine Zeit hier geht schon eher etwas dem Ende zu, zwei Monate koennen echt wie im Flug vergehen. Ab Anfang September werde ich wieder im Lande sein.
Ich versuche die letzte Zeit noch zu geniessen und bin schon gespannt wie es dann in Oesterreich wieder ist. Ehrlich gesagt muss ich aber schon sagen, dass ich etwas Angst habe vor dem Abschied, da mir viele Menschen hier sehr ans Herz gewachsen sind und ich nicht weiss, wann ich sie wieder sehen werde. Ausserdem die Umstellung wieder auf Oesterreich wird gewiss auch nicht so einfach, aber egal... ich denke jetzt noch nicht zuviel darueber nach, sondern bin noch Ganz hier.

Sodalala soviel von den Neuigkeiten von mir. Ich werde mir jetzt einen ultimativen Plan ueberlegen, wie ich die Kinder der 1. Klasse in den Griff bekomme (unter anderem auch, damit ich meinen Lehrerkollegen zeigen kann, dass es auch andere Wege gibt als einen Stecken um die Kinder zu beruhigen. Leider sind sie derzeit dem Stecken besser dran als ich. Sie schlagen prinzipiell eh eher nicht zu, aber die Kinder wissen, dass die Moeglichkeit besteht, dass sie geschlagen werden, also sind sie ruhig. Aber ich werde es jetzt hoffentlich mit paedagogischen Mitteln schaffen, ohne ihnen Angst einfloessen zu muessen).

Ich wuensche allen wunderschoene und erholsame Ferien.
Liebe Gruesse
Martina

Hab auch zwei Videos hochgeladen. Beim Abschlussfest fuer unsere alten Schueler haben sie ueber alle Lehrer etwas gesagt. Einige haben auch ueber mich gesprochen. Zwei Videos davon hab ich raufgeladen... die beiden Maedls haben es in ihrem bestem Englisch dargeboten. Ich bin echt stolz auf sie:

http://www.youtube.com/watch?v=hm7tXGJHeKc

http://www.youtube.com/watch?v=_QeYC0X9W9o


Und noch etwas lustiges hab ich als Anhang: Vor kurzem hat uns ein Outo Fahrer voller stolz erzaehlt, dass seine Kinder mal im Ausland studieren werden, er weiss sogar schon den Ort wohin er sie schicken will, naemlich nach London, das befindet sich in der USA und diese Abkuerzung steht fuer United Nations of Africa also Mitten in UK hat er erklaert. Na dann alles klar wo dieser Ort ist. (Ok zu seiner Verteidigung muss man sagen, in einem Telugumovie kommt vor, dass eine indische Familie besucht bekommt aus der USA und die Stadt aus der der Besuch kommt ist London, also naja die Geografie laesst gruessen)!!

1 Kommentar:

  1. die kids sind echt süß... hab zwar nur wenig verstanden was sie sagen, außer dass jedes zweite wort martina war und martina is very nice^^! freu mich schon sie selbst kennenzulernen...
    wünsch dir noch all das beste für deine verbleibende zeit
    lg deine nachfolgersister...fabiana

    AntwortenLöschen