Sonntag, 27. November 2011

College, Praktikum and and and…

Endlich ist es mal so weit und ich kann auch davon berichten, weswegen ich eigentlich da bin- mein Studium. Ehrlich gesagt gibt es diesbezüglich derzeit sogar einiges zu tun, hätte ich fast nicht erwartet.
Ja also nachdem ja meine Ferien wunderbar und lang waren, ging es dann endlich wieder mit dem College los. Die erste Woche waren wir sehr wenige Studenten, aber schön langsam kam es dann ein bisschen ins Laufen und es kamen sogar einige, mir bis jetzt unbekannte, Kollegen. Die erste Woche war noch wie gewohnt: So- Di College und Mi- Fr Praktikum. Dann erfuhr ich irgendwie, dass die anderen alle schon mit ihrem Praktikum fertig sind, naja ich habe gerade erst drei Wochen hinter mir, also noch nicht so viel. Also beschlossen wir, dass ich weiter Mi- Fr Praktikum mache. Die anderen hatten aber ab jetzt dann jeden Tag College und immer dieselben Fächer, also entschloss ich mich, dass ich den Unterricht auch nicht verpassen will, weil es ja doch irgendwie aufbauend ist und ich sonst immer nur die Hälfte mitbekomme (also besser gesagt nur ein Viertel, weil die Hälfte ist ja sowieso in Nepali). Naja somit ist mein Wochenplan nun So- Di College und Mi- Fr von 7- 12 Uhr College und dann noch von 12 – 4 oder 5 Praktikum. Am Abend dann noch teilweise irgendwelche Arbeiten fürs College schreiben, oder einfach schlafen. Es ist zwar etwas stressig, aber das brauch ich eh, außerdem wir bis jetzt eh noch nicht soviel los, also darf ich jetzt eh mal mehr tun. Naja aber nächste Woche wird sich eh schon wieder alles ändern, da sind nämlich die Abschlussprüfungen für dieses Semester. Das System ist hier so, dass sie in jedem Fach eine Prüfung am College ablegen müssen (diese Note wird dann mit Mitarbeit, Anwesenheit, Hausübungen, Referate usw. gegeben) und, weil das College ja zu einer Universität gehört, müssen sie dann in jedem Fach noch eine Prüfung dort schreiben. Diese Note ist dann die andere Hälfte der Gesamtnote.
Zur Prüfung an der Universität bin ich nicht zugelassen, aber die Prüfung im College, darf ich, wenn ich will mitschreiben. Ich hab zwar ca. 2 Monate vom Stoff verpasst, aber dafür war ich die letzten zwei Monat immer da und irgendwie wird eh soviel wiederholt. Leider hab ich auch nicht so recht Vorwissen bezüglich soziale Arbeit, aber ich komm eh gut mit, des passt schon. Mir würde also gesagt, wenn ich will kann ich die Prüfung mitschreiben. Ich habe dann mit der Lehrerin eine Weile gesprochen, bis ich sie dazu gebracht habe, dass sie sagt, ich muss die Prüfung schreiben. Sonst würde ich ja gar nicht den gelernten Stoff lernen, das wäre irgendwie auch unfair, deswegen schreibe ich diese Prüfungen alle mit (obwohls dann eh wieder egal ist, ob ich gut bin oder nicht, aber irgendwie will ich mich ja beweisen, darum hab ich eh an Ansporn).
Naja diese vier Prüfungen sind dann nächste Woche, also ist dann kein Unterricht im College, sondern dazwischen sind freie Tage zum Lernen. Eine oder zwei Wochen später (der Termin steht noch nicht fest, weil es auf der Universität wieder politische Probleme gibt und diese somit gesperrt ist, oder war). Diese Zeit möchte ich dann nutzen, um mehr in meinem Praktikumsplatz zu arbeiten, weil ich ja durch Unterricht und Prüfungen einiges verpasst habe.

Naja mein neuer Praktikumsplatz... Nach langem Suchen haben wir endlich etwas gefunden, wo ich auch wirklich die Kinder sehe, mit denen ich arbeiten soll ;)
Die Organisation heißt CBR Patan und ist so eine Art Schule für Kinder mit jeder Art von Behinderung, aber fast alle haben eine geistige Beeinträchtigung. Eine Klasse ist so Art Werkstätte, wo die Schüler Kerzen machen, zwei Klassen sind mit Kinder, die gehen können und auch teilweise schreiben oder so. Und ich bin in der Klasse die „day care“ genannt wird, also so Art Tagespflege. Hier sind alle Kinder, die ich als „schwerstbehindert“ einstufen würde. Eine Klasse dieser Art hat glaube ich in Österreich noch keiner gesehen, es ist gewaltig. Insgesamt sind 8 Kinder in der Klasse, wobei alle körperlich und mehr oder wenig geistig beeinträchtigt sind. Zwei Kinder liegen nur herum und können nur ein bisschen unterhalten werden, die anderen sitzen oder können alleine ein bisschen gehen, eine kann schreiben, sprechen kann keiner so wirklich, außer irgendwie herumschreien. Und dann gibt es noch eine Schülerin, die immer herumlauft und davonläuft, und wenn sie gerade im Klassenzimmer ist, dann schmeißt sie alles einfach herum, was natürlich sehr spannend ist, wenn zwei Kinder sich gar nicht wehren können und diese beiden meistens am Boden liegen, weil sie nicht so viel sitzen können. Die Lösung für dieses Problem war dann meistens, dass das Mädchen an einen Sessel gebunden wurde, sie hat dann zwar immer herum gespuckt, aber konnte wenigstens niemanden verletzten. Des klingt jetzt sehr hart und ich war auch voll geschockt über diese Methode, aber es ist einfach so, dass prinzipiell nur eine Lehrerin und eine Helferin in der Klasse sind, wobei oft auch jemand alleine ist. Da ist man beschäftigt mit Kinder aufs Klos sitzen, Hosen wechseln (es gibt keine Windeln oder so… sobald die Hose nass ist wird sie in die Sonne gelegt und eine neue angezogen), die Kinder bei Laune halten (weil meistens wenn man alleine in der Klasse ist- so wie ich gleich am zweiten Tag- dann fangen ein bis zwei Kinder zu weinen an, ein Kind macht sich an, das andere schreit, weil es aufs Klo muss und das Mädchen macht sich los und schmeißt alles um sich, was sie findet). Also von unterrichten ist hier absolut keine Spur, weil teilweise nicht mehr Zeit bleibt, als den Kindern irgendein Spielzeug hinzustellen, damit sie ein bisschen beschäftigt sind. Prinzipiell ein Kind ist versorgt, solange die Hose trocken ist und es ruhig ist.
Anfangs war ich sehr geschockt über diese Tatsache, und hab mir gedacht, die sind so unprofessionell, bis ich eben mal kapiert habe, wie es ist wenn nur ein oder zwei Erwachsene in der Klasse sind. Ich habe dann begonnen, die Zeiten dazwischen zu verwenden, um mit einigen Schülern so Art Lernspiele zu machen (naja ist natürlich schwierig, wenn es fast keine Materialien gibt, aber es geht). Ich habe dann einige Ansatzpunkte herausgefunden, wo echt lernen mit den Kindern stattfinden kann. Außerdem habe ich angefangen und durchgesetzt, dass das Mädchen fast nicht mehr am Sessel angebunden ist. Sie hat irgendwie große Wahrnehmungsprobleme, doch ich habe herausgefunden, dass sie sich beruhigt, wenn sie ihren eigenen Körper spürt. Mittlerweile hat sie sich angewöhnt, dass sie sich einfach auf meinen Schoss sitzt, wenn sie das Bedürfnis hat sich selbst zu spüren. Das tut dann voll gut, weil sie sich sehr beruhigt… sie wir dann ganz still und dann… hihi wird es plötzlich warm auf meinen Beinen, weil sie sich so fallen lasst und alles was in ihr drinnen ist (ja klar hat sie eine Wechselhose mit, aber ich nicht, oje). Gut, dass dies an einem Tag gleich zweimal passierte, da hat sich am Abend wenigstens das Hose waschen ausgezahlt. Einmal ist sie wiedermal davon gelaufen und ich hab sie zurück geholt. Sie wurde voll sauer, also biss sie mich in mein Kien, sodass ich einige Tage geschwollen war. Die Mitarbeiter sekkieren mich schon, weil ich soviel Liebe für dieses Mädchen habe, aber sie ist einfach eine große Herausforderung und die meisten anderen Mitarbeiter machen eher einen Bogen um sie.
Naja irgendwie hab ich auch erfahren, dass ich die einzige „Fachfrau“ in der Schule bin, weil niemand eine Lehrerausbildung hat, geschweige denn Sonderschullehrer. Der Direktor hat gleich mal gemeint, ich soll eine Fortbildung für die Lehrer machen, aber des is ma dann doch etwas zuviel.
Das praktische an der Schule ist, dass viele ausländische Volontäre dorthin kommen (für eine Woche bis teilweise mehrere Monate) und mitarbeiten. Ich beschloss nun mit der Lehrerin, dass wir für jedes Kind einen Plan mit Aktivitäten machen, wie die Fähigkeiten gefördert werden können. Somit kann es sofort ausgenutzt werden, wenn mal mehr Menschen in der Klasse sind und das Ganze funktioniert somit nach einem Plan, also mit System und nur so kann auch bei den Kindern etwas erzielt werden. Ich bin nun gerade fleißig am Förderplan suchen und diese Woche geht’s dann hoffentlich so wirklich los. Hoffe der wird echt gut, den somit kann ich dort was Nachhaltiges bewirken, mal sehen.
Dort sprechen nur einige Lehrer halbwegs gut Englisch, also spreche ich die meiste Zeit irgendwie Nepali, was mir sehr gut tut, da ich somit mein Vokabular verbessern kann. Aja ich kann mittlerweile auch schon fast alles lesen, ich versteh zwar nichts, aber wenn ich den richtigen Bus suche o.ä., dann kann es schon mal hilfreich sein.

Oh ich schreib schon wieder ewig dahin.
Zu meinem Hostel diesmal nur kurz, weil es eigentlich nur ärgerlich ist, wie es hier zugeht. Mittlerweile sind wir schon zu sechs Studenten. Ich hab sogar eine Zimmerkollegin seit letzter Woche. Sie verwandelt unsere Zimmer fast in einen Beautysalon und die anderen sind auch voll dabei. Ja schon witzig, wenn sie in der Mittagspause eine Stunde lang dasitzt und sich schminkt und ich daneben am Boden sitze und meine Läuse heraus kämme. Ja schon witzig, dass ich irgendwie von allen diejenige bin, die sich nie beschwert und am umgänglichsten ist.
Sonst wir nur gestritten und jeder motzt über jeden, also keine Energie wird von mir davon verschwendet, so gut es geht.


Meine Freizeit verbringe ich die meiste Zeit mit Freunden aus Dipayal. Ich habe echt einige gute Gesprächspartner gefunden und bin noch immer beeindruckt, wie hilfsbereit die sind, unwahrscheinlich.
Außerdem merke ich, wie Freundschaften hier funktionieren. Gestern hab ich einige auf eine Pizza eingeladen, weil wir ewig schon davon gesprochen haben und es hat sich niemand bei mir bedankt. Irgendwie für uns voll arg, aber da braucht man sich unter guten Freunden nicht bedanken, weil des selbstverständlich ist, dass man etwas füreinander tut und man gibt’s ja dann eh wieder irgendwie zurück.

Naja also mein Leben ist voll mit College, Schule und wirklich guten Freunden.
Manche Sachen, Situationen, Freiheiten von Österreich gehen mir schon teilweise sehr ab, aber ich genieße hier so gut es geht jeden Moment (auch wenn ich in der Früh eine Stunde lang warte, bis der Unterricht los geht, weil alle zu spät kommen), den die Zeit läuft eh schnell. Diese Woche muss ich schon ein neues Visum beantragen, weil drei Monate um sind.

Aja in der Nacht ist es schon sehr kalt und ich hab schon Husten und Schnupfen, aber untertags kann man teilweise im T-shirt draußen sein (gestern hab i ma sogar an Sonnenbrand geholt).
Naja so viel schon wieder so lang von mir. Ich habs übrigens endlich geschafft, dass ich die ersten Fotos raufgestellt habe.

Hoffe euch geht’s allen gut. Ich freu mich immer wieder über Nachrichten von zuhause. Da fällt mir gerade ein, dass ja der Advent schon bald beginnt. Naja also wünsche ich euch eine möglichst besinnliche Adventzeit- nehmt euch Zeit für euch selbst und eure Liebsten!

Ich bin in Gedanken bei euch!

Martina

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